[1] Eugen Kirch, Stammliste der Offiziere, Sanitätsoffiziere und oberen Beamten der Schutztruppe für Kamerun. Aufgestellt auf Befehl des Kommandos der Kaiserlichen Schutztruppe für Kamerun, Ernst Siegfried Mittler & Sohn, Berlin, 1906, S. 9.
Hans Dominik (1870-1910) absolvierte 1894-1910 als Expeditions- und Stationsleiter den Großteil seiner Karriere in Kamerun [1]. Landesweit leitete er Strafexpeditionen [2] gegen Einheimische. Obwohl es das Dominik-Denkmal in Hamburg nicht mehr gibt, bleibt es weiterhin Teil der Stadtgeschichte und der Debatte über die Kolonialdenkmäler in Hamburg und Deutschland.
Dominik-Denkmal, undatiert. Foto: © Staatsarchiv HamburgDie Tätigkeiten Dominiks verfolgten ein doppeltes Ziel, nämlich die Verteidigung deutscher Interessen und die Ausbreitung und Konsolidierung des deutschen Ansehens. Als er im Juli 1895 als Nachfolger des Botanikers Georg August Zenker (Amtszeit 1889-1895) die Leitung der Station Yaoundé übernahm, ließ er viele afrikanische Handwerker*innen, Geflügelzüchter*innen und Landwirt*innen ausbilden, die er später als Stationsarbeiter*innen beschäftigte. Somit führte er Lohnarbeit in der Station ein. Zudem trug er zur Gründung eines Marktes, zur Errichtung einer Apotheke und zum Straßenbau in Yaoundé bei [3]. Er konzentrierte sich jedoch nicht nur auf die Entwicklung von Infrastrukturen. Um das Problem von Sprachbarrieren in der Station zu lösen, ließ er Karl Atangana, einen jungen Mann aus der Beti-Untergruppe
Ewondo
, den er später als Beti-Herrscher einsetzte, zum Dolmetscher ausbilden [4]. Ob Dominik der Sklaverei in Kamerun ein Ende machte, wie er behauptet [5], ist fragwürdig. Die Kolonisierung führte eher zum Paradigmen- und Rollenwechsel. Anstatt die Schreckensherrschaft und die Sklaverei zu bekämpfen, die er den lokalen Herrscher*innen vorwarf, nutzte Dominik diese zu eigenen Zwecken aus. Im Großen und Ganzen wurde die Bevölkerung versklavt und auf eigenes Risiko zur Erfüllung von Dominiks Anforderungen gezwungen. Beim Fang junger Elefanten in den Mwele- und Bane-Gebieten bei Yaoundé im Oktober 1898 z. B. drohte Dominik, jeden niederzuschießen, der nicht auf seinem Platz bliebe [6].
Als Stations- und Expeditionsleiter ging Dominik ohne Rücksicht und mit aller Härte gegen die Bevölkerung vor. In der ganzen Kolonie rief sein Name Furcht hervor [7]. Bei seinen Strafexpeditionen ordnete er Gräueltaten an, die man heute als Verbrechen gegen die Menschlichkeit einstufen würde: Das Abschneiden von Körperteilen gefallener Feinde, der Missbrauch gefangener Frauen als sexuelle Sklavinnen für Soldaten, das Aushungern von Kindern und Frauen, das Ausplündern und Niederbrennen von Dörfern und Städten, die Beschlagnahmung von Hab und Gut und die Hinrichtung von Widerstandskämpfer*innen [8]. Dominiks menschenverachtendes Verhalten gegenüber der lokalen Bevölkerung war über die Grenzen Deutsch-Kameruns hinaus bekannt und sorgte bei anderen europäischen Kolonialmächten wie bei den Brit*innen aber auch bei den deutschen Sozialdemokrat*innen für Empörung [9], was zu Anschuldigungen gegen Dominik führte, der diese allerdings als Verleumdung zurückwies [10].
Beutestücke von der Plünderung des Lamidopalastes in Tibati. Foto: © Hans Dominik, Kamerun. Sechs Kriegs- und Friedensjahre in deutschen Tropen, Ernst Siegfried Miller und Sohn, Berlin, 1901, S. 277
Beutestücke von der Einnahme Ngillas. Foto: © Deutsches Kolonialblatt. Amtsblatt für die Schutzgebiete des Deutschen Reichs, Bd. 10, hg. von Kolonial- Abteilung des Auswärtigen Amts, 1899, S. 847
Die erwähnten Kriege dienten nicht nur der Unterwerfung der Bevölkerung, sondern auch dazu, Herrschaftszeichen und weitere Kulturschätze der indigenen Völker durch Plünderungen zu rauben. Diese stellten das effizienteste Mittel zur Beschlagnahmung von Gegenständen dar. Die Objekte aus der Sammlung Dominiks sind in mehr als einem Museum in Deutschland zu finden. Die Bedeutung Dominiks für die Stadt Hamburg zeigt sich auch in dessen Sammlungen. Das Museum am Rothenbaum Hamburg MARKK z.B. enthält etwa 1325 kamerunische Objekte, darunter mehrheitlich Waffen (ca. 1316), die 1911 als Nachlass Dominiks dort hingelangten [11]. Dass dieser Nachlass aus so vielen Waffen besteht, ist kein Zufall. Kein Angreifer hätte in der Kolonialzeit der überwältigten Bevölkerung ihre Waffen zurückgelassen.
Die ersten deutschen Kolonialdenkmäler entstanden nicht in Deutschland, sondern in Afrika. Sie waren vor allem den wichtigen Akteuren des deutschen Kolonialismus gewidmet, wie Schutztruppensoldaten, Pionieren oder Ärzten. Diese Denkmäler erinnerten nicht nur an Personen, sie dienten auch dazu, die kolonialen Weltmachtbestrebungen aufzuzeigen und das nationale Prestige bzw. den nationalen Stolz und die Popularität des Kolonialismus zu vergrößern [12]. Auf diese Weise wurden Major Hans Dominik Denkmäler nach seinem Tod gewidmet. Hans Dominik ist einer der Kolonialakteure, der den Hamburger Händlern und der Stadt zu Reichtum verhalf [13]. Sein Denkmal ist Teil der Stadtgeschichte. Dieses Denkmal, das am 7. Juli 1935 vor dem Universitätsgebäude in Hamburg eingeweiht wurde, war zunächst im Vorratsraum der Station Yaoundé gelagert worden und traf erst 1930 im Hamburger Hafen ein. Die Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg und der darauffolgende weltweite Dekolonisierungsprozess führten zum Einstellungswandel gegenüber der Kolonialgeschichte. Unter diesen Umständen spitzte sich der Unmut der Student*innen gegen die Kolonialdenkmäler Wissmanns und Dominiks zu. 1961-1967 forderten die Studierenden regelmäßig aber ohne Erfolg die Entfernung der Denkmäler. Erst in der Nacht zum 1. November 1968 gelang es den Aktivist*innen der Studentenbewegung diese Statuen vom Sockel zu stürzen [14].
Die Diskussion über das Dominik-Denkmal in Hamburg kann nicht getrennt von der aktuellen kritischen Debatte um Kolonialdenkmäler in Deutschland betrachtet werden. Die Initiative Hamburg Postkolonial wirft den deutschen Kolonialherren Rassismus und damit zusammenhängende Intoleranz gegenüber Afrikaner*innen während der Kolonisation vor, und sagt jedem Symbol in Hamburg, das an die dunkelsten Zeiten des deutschen Kolonialismus in Afrika erinnert, den Kampf an. Hamburg Postkolonial prangert jene Statuen an, die in Hamburg den ehemaligen Kolonialherren in Afrika gewidmet sind oder waren und somit der Verherrlichung des Kolonialismus und dessen Folgen.
In einem Interview im Deutschlandfunk bezeichnete Jürgen Zimmerer, Professor für Geschichte Afrikas an der Universität Hamburg, die Kolonialdenkmäler als Ausdruck der kolonialen Verbrechen und des kolonialen Rassismus [15]. Das Denkmal Dominiks ist, wie die Denkmäler weiterer deutscher Kolonialoffiziere in Afrika, ein „Symbol einer brutalen Vergangenheit [bzw.] für die Unterdrückung und Ausbeutung der Menschen in Afrika, für die brutale Niederschlagung des antikolonialen Widerstands, für den rassistischen Geist Deutschlands“ [16]. Für die Historikerin Rita Müller, Direktorin des Hamburger Museums der Arbeit, erinnert das Standbild von Hans Dominik an die Unterdrückung der Bevölkerung in der deutschen Kolonie Kamerun [17].
Aus meiner Sicht, der ich an der Universität Hamburg studiere, Kameruner und Nachkomme der Kolonisierten bin, kann das 1968 abgebaute Dominik-Denkmal anders interpretiert werden. Es ist ein Zeichen der Verherrlichung eines Verbrechers, der Respektlosigkeit gegenüber den kamerunischen Gruppen, die ihre Menschenwürde, Angehörige, und ihren Besitz durch Dominiks Strafexpeditionen verloren haben, und der Beleidigung aller erschossenen oder hingerichteten Widerstandskämpfer. Die Frage der Rezeption der Kolonialdenkmäler in Deutschland im Allgemeinen und in Hamburg im Besonderen schließt auch die Frage ihrer Beseitigung oder ihres Erhalts ein.
[1] Eugen Kirch, Stammliste der Offiziere, Sanitätsoffiziere und oberen Beamten der Schutztruppe für Kamerun. Aufgestellt auf Befehl des Kommandos der Kaiserlichen Schutztruppe für Kamerun, Ernst Siegfried Mittler & Sohn, Berlin, 1906, S. 9.